Horsemanship

Horsemanship, was ist das und wer ist dieser Pat Parelli?
Sonntag, der 13.Januar 2019, es war mal wieder soweit ein Kurs steht an. Ich bin nach Datteln zu Gillian Nickel gefahren. Eine bekannte Horsemanship Trainerin, welche bis zum Parelli Level 3+++ ausgebildet ist und ihr Wissen gerne teilt.

Aber beginnen wir am Anfang.

Mich interessierte spätestens nach dem Film "Der Pferdeflüsterer", den ich schon als Kind sehr faszinierend fand, die Bindung die man zwischen Mensch und Pferd erreichen kann. Wie schaffe ich es, dass mein Pferd mir freiwillig, ohne Strick und diverser anderen Hilfsmittel folgt und mir gerne seine Aufmerksamkeit schenkt? Und das am Besten ohne Druck und Zwang!

Wenn man die bekannten Pferdemessen besucht oder das Wort "Natural Horsemanship" googelt, kommt man an Pat Parelli nicht vorbei. In den USA ist das Parelli Natural Horsemanship eines der Programme, die den Ansatz eines "behutsamen" und "einfühlsamen" Pferdetrainings etablierten. Pat Parelli gilt als einer, der sogenannten Pferdeflüsterer.

"Parelli Natural Horsemanship" ist ein Programm, das eine natürliche Herangehensweise an die Kommunikation mit Pferden lehren soll. Es basiert auf dem natürlichen Pferdeverhalten, um das Vertrauen und den Respekt der Pferde in der Pferd-Mensch-Beziehung zu gewinnen. Seine Methoden ähneln mental, emotional und physisch der Art und Weise, wie Pferde untereinander in einer Herde kommunizieren. Ziel ist es, dass Menschen sich nicht wie Menschen oder wie Raubtiere, sondern wie Pferde verhalten.

Zugegeben, er und seine Frau sind Meister der Vermarktung und Kommerzialisierung. Man kann sich für viel Geld als Parelli Instruktor ausbilden lassen, um in seinem Namen seine Trainingsmethoden verbreiten. Das klassische Franchise System, alá MC Donalds! Zudem kann man zu stehen, wie man mag.

Lange Rede kurzer Sinn, dass worum es geht, nämlich ein respektvoller Umgang zwischen Mensch und Pferd, sollte in jedem Stall den Alltag dominieren. Meiner Meinung nach...

So, zurück zu unserem erlernten Wissen von Heute - wie beginne ich mit gutem Horsemanship? Pitsche und Knotenhalfter sind noch lange nicht alles, was für einen erfolgreichen Start in die Gute Bindung zwischen Pferd und Mensch benötigt werden.

Als erstes sollte man lernen, sein eigenes Pferd lesen zu können. Auch dazu gibt es ein Schema, welches Pat Parelli "Horsenality" nennt. Ein Wortspiel aus Horse (Pferd) und Personality (Persönlichkeit). Zugegeben, er hat dieses nicht erfunden, die folgende These ist überall im Netz mit den verschiedensten Autoren zu finden, welche diese Thematik auch auf Menschen anwenden. Aber darum soll es nicht gehen.

Es geht in erster Linie darum, dass Pferde genauso wie wir Menschen auch, unterschiedliche Bedürfnisse haben und es deshalb unabdingbar ist, das Wesen Pferd erst zu verstehen, bzw. lesen zu lernen. Man glaubt es kaum, aber wenn wir Menschen den Stall betreten und unser Pferd uns sieht, kann es binnen Sekunden einschätzen, wie wir drauf sind. Emotionen wie Stress, Schmerzen, Glückseligkeit oder Wut kann es sofort erkennen - können wir das auch? Macht es Sinn, mit einem Pferd zu trainieren, welches Schmerzen hat oder heute so demotiviert ist, weil es sich den ganzen Tag den Bauch mit Gras auf der Koppel vollgehauen hat? Oder macht es doch eher Sinn, das Training oder die Beschäftigung des Tages, auf die Stimmung des Pferdes abzustimmen? Für mich kommt dann doch eher das Zweite in Frage. Dafür muss ich aber in der Lage sein, zu erkennen, wie mein Pferd gestikuliert.
Ok, ich schweife ab.

Horsenality - die verschiedenen Persönlichkeiten der Pferde in verständliche Kategorien aufgeteilt!

Es gibt nach Parelli vier Kategorien Pferd, kennst du die deines Pferdes, kannst du die Trainings-Methoden daraufhin anpassen und diese nach seinen Bedürfnissen gestalten um schneller, fairer und vor allem stressfreier zum Ziel kommen. Egal aus welcher Reitsportrichtung du kommst.

Es macht Sinn, einschätzen zu können, ob dein Pferd eher ängstlich, mutig, introvertiert oder extrovertiert ist. Ob es Belohnung in Form von Leckerli braucht oder ob es ihm reicht, Zuneigung von dir zu bekommen oder nur eine Pause braucht, um motiviert zu werden. Es macht Sinn zu erkennen, ob dein Pferd eine Lieblingsdisziplin hat, vor allem ob es für eure Sportart ebenfalls ein Fabel hat, oder ob es doch nur mit Todesangst durch den Parkour läuft. Das lernen wir zu lesen, wenn wir den Blickwinkel mal ändern und versuchen das Pferd mal "erzählen" zu lassen. Dazu kommt, dass man sich selbst einschätzen lernt. Bin ich geduldig, verlange ich zu schnell zu viel von meinem Pferd, gebe ich ihm Sicherheit oder schüchtere ich es ein? Mit Horsenality wurde dem Ganzen einen Namen gegeben. Ist mein Pferd introvertiert oder extrovertiert? Ist die linke oder rechte Gehirnhälfte dominant?
Ok Gehirnforschung haben wir heute nicht betrieben, dazu fehlte uns allen leider die Zeit und der Doktor Titel, aber spannend ist es definitiv.

Nur angeschnitten
- Ist die linke Gehirnhälfte von Mensch und Pferd ausgeprägter, denkt man gerne logisch, man ist der Denker-Typ, liebt es strukturiert und ordentlich. Ist die rechte Hälfte dominanter, ist die Kreativität ausgeprägter, man denkt mehr in Bildern und Emotionen als in Zahlen und Wörtern. Man lässt den Emotionen gerne freien Lauf.

Aber wie zum Teufel beziehe ich das jetzt auf mich und mein Pferd und was soll das bringen???

Ich habe die Pat Parelli Einteilung der vier Kategorien mal vereinfacht aufgeschrieben. Zudem habe ich dasselbe für den Menschen gemacht, damit man sein Pferd und sich selbst reflektieren und herausfinden kann, zu welchem Typ beide gehören:
Komischerweise konnten wir heute im Kurs unsere Pferde besser einschätzen, als uns selbst. Man muss wirklich in sich kehren um sich selbst einschätzen zu können. Vor allem macht es Sinn dabei wirklich ehrlich zu sein.

Laut Parelli gibt es dann folgende Typen - Pferd:

Left Brain EXTROVERT / Pferd
Dieses Pferd hat einen sehr verspielten Charakter und braucht viel Abwechslung. Es lernt schnell und beginnt deshalb sehr schnell seine eigenen Ideen zu entwickeln, wenn es ihm zu langweilig wird.

Left Brain INTROVERT / Pferd
Willkommen in der Welt von „Weshalb sollte ich etwas für dich tun? Was schaut dabei für mich raus?“ Diese Pferde lesen ihre Menschen wie offene Bücher. Ein Left Brain Intro weiß genau was es will und es ist nicht dazu bereit, dir Irgendetwas von sich aus zu geben, außer du belohnst es seinen Vorstellungen entsprechend angemessen. Auch wenn ein solches Pferd auf den ersten Blick als sehr faul erscheint; sein Gehirn ist es definitiv nicht. Es mag sich vielleicht langsam bewegen, aber denken kann es dafür umso schneller!

Right Brain EXTROVERT / Pferd
Dieses Pferd benötigt dauernd deine Versicherung, dass es nicht sterben wird. Es ist sehr schnell verwirrt und ängstlich; deshalb ist es sehr wichtig, die Dinge so einfach wie möglich zu machen. Dies hilft ihm, sich besser entspannen zu können, da es sich so nicht dauernd überfordert fühlt.

Right BRAIN INTROVERT / Pferd
Dieses Pferd ist schüchtern, ruhig und sehr zurückhaltend. Es vermeidet jede Art von Druck, indem es sich in sein Schneckenhaus zurückzieht. Deshalb ist es wichtig, dass du die Dinge sehr langsam machst, genügend Wiederholungen einbaust und ihm dann die Zeit gibst darüber nachzudenken. Sobald es sich traut, wird es damit beginnen, von sich aus mehr anzubieten.
(Quelle: Parelli Instruktoren Team Schweiz - Österreich - Deutschland)

Hier meine Zusammenfassung auf die verschiedenen Typen Mensch:

Left Brain EXTROVERT / Mensch
Der verspielte und freundliche offene Kumpel von nebenan. Der LB-Extrovertierte Mensch dominiert gerne und hat alles gern im Griff aber man ist trotzdem offen für Neues.

Left Brain INTROVERT / Mensch
der intelligente aber schnell gelangweilte Faulpelz. Jede Herausforderung wird gerne angenommen aber der LB-Introvertierte Mensch kann auch gut bockig reagieren.

Right Brain EXTROVERT / Mensch
der Choleriker, der oft impulsiv handelt. Der RB-Extrovertierte Mensch handelt oft schneller als er denkt, regiert schnell emotional
und ist gerne in Bewegung.

Right BRAIN INTROVERT / Mensch
Der Mensch, den man nicht so schnell aus der Ruhe bringt, schafft man es aber doch, hat man einen Bären geweckt.
Die RB-Introvertierten Menschen handeln unvorhersehbar und sind etwas misstrauisch.

Zurück zu uns, Mexx ist definitiv LEFT BRAIN INTROVERTIERT - ganz klar! Dafür musste ich nicht lange überlegen. Er ist ein ruhiges Pferd, welches nicht höher springt als er muss. AUßER, er hat es gerade so entschieden. Er schenkt mir nichts und bietet wenig von sich aus an, AUßER es springt was für ihn bei rum. Er braucht keine äußeren Eindrücke mehr aufzunehmen, die die er hat, reichen ihm. Wenn er sich einmal auskennt, ist er sicher, indem was er tut. Er kennt mich sehr gut, vielleicht sogar besser als ich ihn. Er weiß wie weit er bei mir gehen kann und kann es sehr gut einschätzen, wann es sich lohnt, meine Konsequenz herauszufordern und wann es wirklich überhaupt keinen Sinn macht. In 99,9 % der Situationen liegt er mit seiner Einschätzung richtig. Allerdings ist er auch ein sicheres Pferd, in Extremsituationen denkt er erst über die Gefahr nach, anstatt kopflos davon zu rennen.

Ich, mh ja ich denke ich bin RIGHT BRAIN EXTROVERTIERT. Meine Emotionen sprudeln oft aus mir raus, ich rede, bevor ich denke und in meinem Kopf befinden sich mehr Bilder als Worte. Mir wird schnell langweilig und ich liebe es, Neues auszuprobieren und Risiken einzugehen. Im schlimmsten Fall wird es eine Erfahrung.

Wie passt das zusammen und was schließe ich daraus?

Ganz klar, ich muss viel mehr Geduld und Ruhe in unseren Stallalltag bringen. Durch mein schnelles Handeln und all die Dinge, die ich mit meinem Pferd ausprobieren will, vergesse ich oft, ob mein Pferd überhaupt was davon hat. Ich muss lernen, ihn besser zu motivieren und ihm zeigen, dass man in dem gemeinsam erarbeiteten Tempo Platz zum Nachdenken hat. Die Fütterung von Leckerlis könnte ebenfalls Motivation sein, allerdings bin ich davon noch nicht ganz überzeugt, weil Mexx dann gern über das Ziel hinausschießt und alles abspult, um das BonBon zu bekommen. Ebenso darf ich nicht so konsequent inkonsequent sein, ich lasse oft viel durchgehen, was eigentlich nicht erlaubt ist. Zum Beispiel Das naschen im Wald - Ich kenne kein Pferd, welches so genau weiß, dass es verboten ist, beim Ausritt den Wald aufzufressen, wie Mexx. Wenn ich den Zeitpunkt abpassen kann und mitbekomme, dass er mit einem Blatt liebäugelt, muss ich nur ein leichtes "Aaa" aussprechen und er weiß sofort was ich meine, probiert es aber trotzdem, weil ich es zu oft zulasse. Wie gesagt, ich bin für mein Pferd ein offenes Buch. Er hingegen wirkt auf mich oft genervt, weil ich ihn mit viel zu vielen Ideen überrenne.

Daher ist mein Fazit des heutigen Tages - Easy bleiben und öfters mal durchatmen. Vielleicht sollte ich eine Spotify Lieblingsplaylist
mit zum Stall nehmen und einfach einen guten Reggae Song anschmeißen, wenn Mexx wieder genervt ist, weil ich gerade heute Lust darauf habe, ihm den spanischen Schritt beizubringen.

Dickes Lob und meinen vollsten Respekt an Gillian Nickel, die eine extrem fein ausgebildete Pferdeherde zu Hause beherbergt und nebenbei noch eine sehr sympathische Mutter ist.

Ich komme gerne wieder!

Ach ja, fast vergessen - Auf dem Hof von Gillian lebt ein Widder (liebe Gillian, ich weiß das es kein Widder ist, aber ich hab die Rassenbeschreibung dieses tollen Kerlchens vergessen...) DER ist der Hammer :

Gillian Nickel
Share by: