Ich kaufe ein Pferd!
"Bist du denn irre mein Kind, weisst du was das kostet?"
"Wer viel arbeitet und im Bestfalle auch viel verdient, sollte sich einen Ausgleich suchen",
"Ich habe schon als Kind davon geträumt, mit meinem eigenen Pferd auf Reisen zu gehen",
"Ich lebe ja nicht nur um zu arbeiten"
"Mensch, meine Entscheidung, ich kaufe jetzt ein Pferd, lasst mich in Ruhe!"
so oder ähnlich waren meine Aussagen, zu meinen Liebsten, die mir immer vom Pferdekauf abraten wollten.
Ich wüsste nicht, was an finanziellem Risiko auf mich zukommt, und ich sollte die Zeit, die so ein großes Tier frisst, doch nicht unterschätzen. Wenn ich alle Gegenargumente gegen einen Pferdekauf hier auflisten würde, müsste ich meinen Homepageanbieter kontaktieren, da ich einen größeren Speicherplatz bräuchte. Daher komme ich direkt zu dem stärksten und größten Gegenargument, welches mir bestätigt hat, dass Mexx all dieses Risiko wert ist. Er hat mir einmal das Leben gerettet und ist immer wieder in der Lage dies erneut zu tun. Hä? Wie meint sie denn das???
Dazu muss ich etwas ausholen. In der heutigen Zeit, in der der Druck des Erfolges und der Zwang der Gesellschaft immer zu funktionieren und am besten alles schnell zu erreichen immer höhere Prioritäten hat, bin ich eine Zeit lang untergegangen. Zudem kam, dass mein damaliger Partner und ich uns unschön getrennt haben und ich mich irgendwie verloren gefühlt habe. Da stand ich nun, die erfolgreiche selbständige Frau, die nachts kein Auge zu bekommen hat und morgens nicht aus dem Bett kam. Keine Gespräche mit Familienmitgliedern, guten Freunden oder Ablenkungen haben mir geholfen. Jeder meinte es gut mit mir, aber keiner kam weiter. Ich war down, kaputt vom Leben und vom Druck. Enttäuscht von mir selbst und traurig badete ich in Selbstmitleid.
Und jetzt ratet mal, wer mich letztendlich aus dem Loch geholt hat? Da dies der Blog eines Pferdemädchens ist, ist es naheliegend...
Klaro Mexxi.
Es gab einen ausschlaggebenden Moment. Ein dunkler Tag, es hat geregnet und alle Menschen jammerten über das Wetter. Ich glaube es war kurz vor Weihnachten. Jedem fehlte Vitamin D und es war kalt. Ich hatte wieder wenig geschlafen und musste vor der Arbeit noch zum Pferd, damit er wenigstens etwas Bewegung hat. Also fuhr ich die gewohnte Strecke zum Stall, die Sonne war noch nicht aufgegangen und alles war düster. Kurz vor meinem Stall muss ich eine Wohnsiedlung durchqueren, in der Schrittgeschwindigkeit festgelegt ist. Ich war etwas zu schnell, als vor mein Auto eine Frau mit zwei Hunden springt und mir wild gestikulierend mitteilen wollte, dass ich zu schnell bin. Ich ließ mein Fahrerfenster runter und habe meinen ganzen Frust an dieser Dame ausgelassen. Ich habe sie mit Schimpfwörtern beschimpft, welche ich hier nicht wiedergeben mag. Ohne Grund, sie hatte Recht - ich war zu schnell. Aber das war der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen gebracht hat. Sie war mein Ventil. Oh man, damit hatte sie nicht gerechnet. Ich habe das Fenster hochgekurbelt und bin im Slalom an der empörten Dame vorbeigefahren. In derselben Geschwindigkeit, wie ich ankam. Das Fenster war gerade oben und ich brach in Tränen aus. Oh man, was war das? Was habe ich getan? Was kann die Frau dafür? Woher zum Teufel kenne ich solche Schimpfwörter?
Am Stall, welcher Gott sei Dank noch menschenleer war, bin ich direkt zu Mexx in die Box gegangen und habe mich zu ihm in´s Stroh gelegt. Man muss dazu sagen, dass das in der Zeit war, wo Mexx und ich noch kein richtig gutes Vertrauensverhältnis hatten. Wir waren uns noch nicht sicher, ob wir uns aufeinander verlassen können. Das war mir in dem Moment aber echt egal und ich habe mich neben ihn gelegt und viel geweint, weil endlich alles rauskam. Das hat der Dicke sich eine Zeit lang angeguckt und nach einigen Momenten hat er seinen riesigen Kopf auf meine Beine gelegt und mir durch das Gesicht geleckt. Das macht er heute noch gerne. Und erst als ich diesen warmen Pferdesabber auf meiner Nase gespürt habe, habe ich gemerkt, wie glücklich ich eigentlich sein sollte...
Und erst da fiel mir auf, dass mein Pferd es das erste Mal zugelassen hatte, dass ich mich neben ihn legen durfte, während er selbst liegt. Für Nicht-Pferdemenschen - Das Pferd (Fluchttier) muss seinem Menschen schon viel Vertrauen entgegenbringen, um zuzulassen, dass man sich neben ein liegendes Pferd setzt, da es sich so in der angreifbarsten Position befindet. Quasi ein Meilenstein in jeder Pferd/ Mensch Beziehung. Aber das war ja nicht alles, er hat sogar noch einen draufgesetzt und mich getröstet. Wow ich war mehr als beeindruckt, sodass ich noch mehr weinen musste. Aber nach diesem Erlebnis änderte sich Alles. Ich achtete mehr auf mich, kümmerte mich wieder um mein Leben und begann wieder Spaß zu empfinden. Es dauerte nur wenige Wochen und ich war raus aus meinem Loch. Ob man das Loch jetzt Depressionen oder Burn Out schimpfen mag, sei dahingestellt. Um das zu beurteilen, fehlt mir ärztlicher oder psychologischer Rat, aber es war für mich und meine Mitmenschen mehr als unangenehm. Mexx hat es geheilt und nebenbei sind wir noch einen Riesenschritt gegangen, der unseren gemeinsamen Weg sehr positiv beeinflusst hat. Wir konnten uns ab dato aufeinander verlassen.